Die Geschichte des Hl. Wendelinus und seiner Kapelle
Der heilige Wendelin lebte zur Zeit des heiligen Bischofs Magnerich von Trier (561/565 bis nach 578) als Mönch oder Einsiedler in den Vogesen. Die Legende machte ihn zu einem iroschottischen Königssohn und zum Abt von Tholey. Sein Grab ist schon um das Jahr 1000 bezeugt und hat diesem Ort den Namen gegeben: St. Wendel (Saar). Seine Verehrung erstreckt sich über West- und Süddeutschland. Durch Auswanderer um 1800 kam die Verehrung weit über diese Grenzen hinaus. Er ist u. a. der Patron der Landleute für Feld und Vieh.
An der Stelle der heutigen Kapelle stand vorher schon eine Wendelinuskapelle. Scheinbar war die Kapelle 1907 in einem äußerst schlechten Zustand. Es sollte daher eine neue gebaut werden. Am 25.10.1908 konnte die Einweihung stattfinden, die der Ortspfarrer vornahm. Weiterhin waren die Pfarrer aus den umliegenden Ortschaften anwesend.
Im Jahre 1924 wurden in St. Wendel die Gebeine des hl. Wendelinus zur öffentlichen Verehrung ausgestellt. Aus diesem Anlass bat der Ortspfarrer den Pfarrer in St. Wendel um Überlassung einer Reliquie. Am 12.10.1924 kam schließlich eine mit dem Siegel des Bischofs von Trier verschlossene Kapsel und der darin befindlichen Reliquie in Lieg an. Aus freiwilligen Spenden ließ Pastor Schuh ein Reliquiar anfertigen. Mit Genehmigung von Trier veranstaltete er eine Wendelinusfeier am Sonntag nach dem Wendelinussonntag (Gedenktag 20.10.). Die Nachbarpfarreien Beltheim, Sabershausen, Petershausen und Mörsdorf wurden eingeladen und beteiligten sich in großer Zahl. Gläubige von dort kamen in Prozessionen mit ihren Pfarrern. Von der Kirche aus setzten sich die Scharen um 14.30 Uhr in Bewegung und zogen in feierlicher Prozession zur Kapelle. Die Reliquie wurde in der Kapelle zur öffentlichen Verehrung ausgestellt. Vor der Kapelle wurde wie heute auch noch üblich eine Predigt und eine kurze Andacht gehalten. Da die Feier einen solch guten Anklang gefunden hatte, ließ sich Pastor Schuh die Genehmigung zur Abhaltung der Wendelinusfeier für alle Zukunft geben. Da aber Ende Oktober das Wetter oft unbeständig und rau ist, wurde bereits im 2. Jahre die Feier auf den 2. Sonntag im September verlegt.
Ende Juli 1935 wurde die Kapelle von Einbrechern heimgesucht. Das Hauptziel der Einbrecher war der Opferstock. Es war ein guter Brauch, wenn ein Kalb geboren wurde, 1 Reichsmark und später 1 DM in der Kapelle zu opfern. So kamen des Öfteren größere Geldsummen zusammen. Der Opferstock wurde aufgebrochen oder auch mitgenommen. Ein Lieger Bürger fertigte schließlich einen neuen Opferstock an. Dafür verwendete er eine Granate aus dem 1. Weltkrieg und versah sie mit einem Verschluss, den er selbst erfunden hatte. Dieser Opferstock wurde dann in die Wand eingemauert und widerstand (bis auf einen) allen Einbruchversuchen. Einige Einbrecher, die den Opferstock nicht aufbrechen konnten, verwüsteten aus Wut die Kapelle. Auch in den darauf folgenden Jahren wurde die Kapelle immer wieder von Dieben heimgesucht. Oft schon wurde die Figur des Hl. Wendelinus gestohlen. Einwohner von Lieg stellten immer wieder Figuren in die Kapelle, doch diese hielten sich wegen Dieberei nie lange. Heute schmückt eine auf Holz gemalte Darstellung des Heiligen den Altar in der Kapelle. Dieses Bildnis wurde in St. Wendel von einem Missionsbruder der Steyler Missionare gefertigt. Ein Geschenk eines Lieger Bürgers machte dies möglich.
In den nachfolgenden Jahren waren immer wieder Instandsetzungsarbeiten notwendig. So wurde 1999 und 2000 die Kapelle erneut renoviert. Unter anderem wurde im Inneren das bestehende Gewölbe durch ein Kreuzgewölbe ersetzt und die Kapelle neu ausgemalt. Im September 2000 konnte die Kapelle schließlich neu eingeweiht werden.
Noch heute wird in Lieg alljährlich das Wendelinusfest am 2. Sonntag im September begangen. Wenn sich die Prozession unter den Klängen des Musikvereins von der Pfarrkirche aus zur Kapelle begibt, trifft sich die Gemeinde mit den Wallfahrern aus den umliegenden Ortschaften und erbittet auf die Fürsprache des Hl. Wendelinus den Segen Gottes für Haus, Feld und Flur, so, wie es unsere Vorfahren schon seit Generationen vorgelebt haben.